MD-Kompakt: Das Nichts-Magazin
Dein tägliches Vakuum für die Hosentasche.
Ausgabe 42/25 - Heute im Fokus: Das Unspektakuläre
Leitartikel: Das Mysterium der Woche
Eine absolut durchschnittliche Büroklammer auf einem leeren Schreibtisch, die absolut nichts Besonderes tut.
Titel: "Die Büroklammer BC-24: Eine tiefgehende Analyse der gebeugten Existenz"
Nach monatelanger, völlig unnötiger Beobachtung präsentieren wir unsere Ergebnisse zur Büroklammer BC-24, die seit Januar 2025 den linken oberen Schreibtischbereich unseres Praktikanten ziert. Unbenutzt. Ungeliebt. Unverändert.
Unsere Chef-Metallologin Dr. Inga Relevanz hat die Klammer täglich mit einem Mikroskop untersucht: "Die leichte Neigung von 3,2 Grad nach rechts deutet auf eine existenzielle Krise hin. Die Büroklammer weiß, dass sie in einer digitalisierten Welt überflüssig geworden ist. Ihre metallische Oberfläche reflektiert nicht nur das Bürolicht, sondern auch die fundamentale Sinnlosigkeit ihrer eigenen Existenz."
Wir haben die Büroklammer 142 Stunden lang ununterbrochen beobachtet. Hier die Ergebnisse: Sie hat sich nicht bewegt. Nicht einmal gezuckt. Aber in diesem Stillstand liegt eine unglaubliche Botschaft an die Menschheit: Manche Dinge sind einfach da. Ohne Grund. Ohne Zweck. Wie dieses Magazin.
Ein ehemaliger Kollege, der jetzt in einer psychiatrischen Einrichtung lebt, behauptet, die Klammer hätte nachts mit ihm gesprochen und ihm den Sinn des Lebens erklärt. Als wir nachfragten, was dieser Sinn sei, antwortete er nur: "42. Und irgendwas mit Handtüchern."
Nächste Woche: Ein ausführlicher 17-seitiger Bericht über einen Fussel, der sich hartnäckig am Bildschirmrand festgesetzt hat. Spoiler-Alarm: Er ist grau.
Der Sinnlose Ratgeber: Probleme, die niemand hat (aber jetzt kennt)
Frage: "Mein Toaster sieht mich immer vorwurfsvoll an, wenn ich Brot aus einem anderen Laden kaufe. Wie kann ich sein passiv-aggressives Verhalten beenden?" - Martina (34), fürchtet sich vor Küchengeräte-Psychoterror
Antwort: Ein klassisches Symptom von Toaster-Besitzanspruch-Syndrom (TBS). Toaster entwickeln oft eine ungesunde Bindung zu "ihrem" Brot. Hier einige wissenschaftlich völlig unbelegte Lösungsansätze:
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Blindfolding: Klebe kleine Augenlappen aus Alufolie auf die Frontseite deines Toasters. Er kann dich nicht vorwurfsvoll anstarren, wenn er nicht sehen kann, was du tust.
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Brot-Tarnoperationen: Verpacke fremdes Brot in die Tüte der Marke, an die dein Toaster gewöhnt ist. Ja, das ist Betrug. Ja, das ist ethisch fragwürdig. Aber hast du schon mal einen Toaster erlebt, der drei Wochen lang schmollt?
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Konfrontationstherapie: Stelle dich vor deinen Toaster, halte ihm das fremde Brot direkt vor die Schlitze und sage mit fester Stimme: "Das ist jetzt mein Leben. Akzeptiere es oder ich kaufe eine Mikrowelle mit Grillfunktion."
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Die nukleare Option: Führe vor dem Toaster ein inniges Gespräch mit deinem Wasserkocher. Lache dabei übertrieben. Eifersüchtigen Küchengeräten muss manchmal klar gemacht werden, dass sie ersetzbar sind.
Sollte nichts davon funktionieren, empfehlen wir eine Familientherapie mit allen deinen Elektrogeräten. Dr. Volt bietet Zoom-Sitzungen zu einem Preis von nur 150€ pro Stunde an. Ergebnisse nicht garantiert.
Horoskop für unbelebte Objekte
Dein Kugelschreiber (21. März - 20. April): Die Konjunktion von Merkur und Mars bewirkt erhöhte Tintenflussfluktuationen. Ausgerechnet bei wichtigen Unterschriften wirst du versagen, nur um dann in der Tasche deines Besitzers spontan auszulaufen. Glückstag: Donnerstag, wenn niemand schreibt. Pechfarbe: Blau, ironischerweise.
Deine rechte Socke (21. April - 20. Mai): Venus steht günstig für eine spontane Reise. Leider ohne dein Paar. Die Sterne deuten auf eine einsame Existenz hinter der Waschmaschine hin, wo du die nächsten sieben Jahre verbringen wirst, bevor du als Staubtuch wiedergeboren wirst. Glückszahl: 40 (Grad Waschtemperatur).
Deine Zimmerpflanze (21. Juni - 22. Juli): Trotz regelmäßigem Gießen planst du, diese Woche dramatisch alle Blätter abzuwerfen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Saturn verleiht dir die Kraft, selbst unter idealen Bedingungen mysteriös zu verdorren. Nutze deine passive Aggressivität weise. Glücksposition: Nach links geneigt, dem Fenster trotzend.
Die Kaffeetasse mit dem abgebrochenen Henkel (23. November - 21. Dezember): Jupiter schenkt dir besondere Kräfte: Du wirst ausgerechnet dann gefunden, wenn Besuch da ist. Dein Besitzer wird dich verlegen lächelnd mit den Worten "eigentlich wollte ich die längst wegwerfen" präsentieren. Deine Rache: Du hinterlässt kreisrunde Flecken auf wichtigen Dokumenten.
Exklusiv-Reportage: Ein Tag im Leben eines Staubkorns
06:32 Uhr: Erwachen auf dem Wohnzimmerregal. Position unverändert seit 4 Monaten. Die morgendliche Brise vom Fenster droht mit Ortsveränderung, bleibt aber zu schwach. Existenzkrise abgewendet.
09:15 Uhr: Erste menschliche Aktivität. Der Bewohner schaut kurz zum Regal, seufzt beim Anblick des Staubes, tut aber nichts. Typisch. Das nennen wir im Staubjargon einen "Fast-Wisch" – die Androhung einer Reinigung, die nie kommt.
11:47 Uhr: Gesellschaft! Ein Haar landet neben mir. Wir tauschen Geschichten aus. Es war früher auf einem Kopf. Klingt glamourös, aber ich bin zufrieden mit meinem Regaldasein.
13:20 Uhr: Drama! Ein Sonnenstrahl wandert über das Regal und entlarvt meine Existenz und die meiner Millionen Geschwister. Der Mensch murrt etwas von "wirklich mal staubwischen müssen". Wir Staubkörner halten kollektiv den Atem an. Dann klingelt sein Telefon und die Gefahr ist gebannt.
16:05 Uhr: Meditative Phase. Ich schwebe im Nichts, bin eins mit dem Universum. Ein mikroskopischer Buddha auf einem IKEA-Regal.
19:30 Uhr: Der Höhepunkt des Tages: Ein Niesen in meiner Nähe! Die Druckwelle katapultiert mich ganze zwei Millimeter nach links. So viel Aufregung! So viel Veränderung! Ich brauche Stunden, um mich zu beruhigen.
22:17 Uhr: Nachtruhe. Das Licht geht aus. Die Menschen schlafen. Wir Staubkörner veranstalten unsere nächtliche Party. Wir tanzen wild umher, indem wir... absolut regungslos liegenbleiben und auf den nächsten Tag warten.
Unsere investigative Journalistin hat für diese Reportage ein Staubkorn sieben Tage lang beobachtet. Sie befindet sich nun in therapeutischer Behandlung und behauptet, "die Stimmen der Staubkörner" zu hören.
Wissenschaft: Bahnbrechende Studie zu nicht existierenden Problemen
Forscher der Universität für Angewandte Sinnlosigkeit haben nach zehnjähriger Forschung herausgefunden, dass 87% der Menschen mindestens einmal täglich über ein Problem nachdenken, das gar nicht existiert.
Professor Dr. Dr. Überqualifiziert erklärt: "Wir haben 500 Teilnehmer gebeten, ihre täglichen Sorgen aufzuschreiben. Dann haben wir diese Sorgen analysiert und festgestellt, dass die meisten davon völlig unbegründet sind. Zum Beispiel die Angst, dass der Kühlschrank heimlich Lebensmittel isst, wenn niemand hinschaut."
Die Studie kostete 4,2 Millionen Euro und hat als Ergebnis eine 700-seitige Abhandlung hervorgebracht, deren Zusammenfassung lautet: "Menschen machen sich unnötig Sorgen. Hört damit auf."
Auf die Frage, ob diese Studie nicht selbst ein nicht existierendes Problem untersuche, antwortete Dr. Überqualifiziert: "Genau diese Meta-Ebene macht unsere Arbeit so wertvoll. Wir erforschen nicht-existierende Probleme als nicht-existierendes Problem, wodurch wir die Nicht-Existenz der Nicht-Existenz beweisen. Oder so ähnlich. Der Förderantrag klang jedenfalls überzeugend."
Als Nächstes plant das Forscherteam eine Studie darüber, warum Menschen wissenschaftliche Studien lesen, die keinerlei Relevanz für ihr Leben haben. Die Finanzierung ist bereits gesichert.
Produkttest: Die besten fünf Arten von Nichts
Unser Testteam hat monatelang verschiedene Arten von "Nichts" getestet und bewertet. Hier unsere Top 5:
5. Das Warte-Nichts
★★☆☆☆
Dieses Nichts findet man in Wartezimmern und Behörden. Es dehnt die Zeit und sorgt dafür, dass 5 Minuten wie 5 Stunden wirken. Qualitativ minderwertig, aber sehr effektiv.
4. Das Kühlschrank-Nichts
★★★☆☆
Entsteht beim wiederholten Öffnen des Kühlschranks, obwohl man genau weiß, dass nichts Neues darin erschienen ist. Sehr verbreitet, fast schon ein Klassiker unter den Nichts-Arten.
3. Das Existenzielle Nichts
★★★★☆
Premium-Nichts, das meist um 3 Uhr morgens auftritt. Erzeugt tiefe Gedanken über den Sinn des Lebens, die man am nächsten Morgen garantiert vergessen hat.
2. Das Social-Media-Nichts
★★★★☆
Hochmodernes Nichts, das beim stundenlangen Scrollen entsteht. Man konsumiert Unmengen an Inhalten und behält absolut nichts davon. Technologisch beeindruckend.
1. Das Absolute Nichts
★★★★★
Der Platzhirsch. Unser Sieger. Dieses Nichts ist so nichtig, dass es selbst das Konzept des Nichts in Frage stellt. Nicht zu verwechseln mit gewöhnlicher Leere. Nur erfahrene Nichts-Konsumenten können es wahrnehmen. Unbezahlbar.
Disclaimer: Unser Magazin übernimmt keine Verantwortung für Nichtigkeitsgefühle, die durch das Lesen dieses Artikels entstehen könnten. Bei anhaltender Sinnleere konsultieren Sie bitte einen Philosophen oder schauen Sie Katzenvideos.
Leserbriefe, die wir nicht erhalten haben
Betreff: Ihre Existenz
Sehr geehrtes Nichts-Magazin,
ich möchte hiermit bestätigen, dass ich noch nie von Ihnen gehört habe und diesen Brief nicht schreibe.
Mit nicht vorhandenen Grüßen,
Niemand Nirgendwo
Betreff: Beobachtung
Liebes Redaktionsteam,
seit ich Ihr Magazin lese, ist die Leere in meinem Leben einer anderen Leere gewichen. Der Unterschied ist subtil, aber verstörend.
Verwirrt,
ein nicht-existierender Abonnent
Betreff: Angebot
Hallo,
würden Sie daran interessiert sein, einen Artikel über das ultimative Nichts zu veröffentlichen? Ich habe 20 Jahre damit verbracht, dieses Konzept zu erforschen, und bin zu dem Schluss gekommen, dass
[Der Rest des Briefes ist ein leeres Blatt Papier]
Wetterbericht für Innenräume
Wohnzimmer: Trockene 21°C mit gelegentlichen Zugluftschauern beim Öffnen der Balkontür. Die Heizungsluft sorgt für eine relative Staubflockenbildung von 40%. Staub-Allergiker sollten Socken tragen.
Badezimmer: Nach dem Duschen 100% Luftfeuchtigkeit mit Aussicht auf Schimmelbildung in den nördlichen Eckenregionen. Der Spiegel bleibt bis Mittag beschlagen, danach zunehmend klare Selbstreflexion möglich.
Kühlschrank: Konstante 4°C, vereinzelt aufklarend beim Öffnen der Tür. Die Butter-Region bleibt hartnäckig kalt, während im Gemüsefach subtropisches Mikroklima zur beschleunigten Vergänglichkeit führt.
Unter dem Bett: Staubige -2°C gefühlt, wenn die Füße nachts hervorlugen. Stabile Fusselfront mit zunehmender Verdichtung in den kommenden Monaten. Perfektes Klima für einzelne Socken, die sich dort zur Überwinterung zurückziehen.
Für diese Wettervorhersage wurden keinerlei Messgeräte verwendet. Unser Meteorologe hat einfach geraten.
MD-Kompakt: Das Nichts-Magazin
Wir füllen die Leere mit Bedeutungslosigkeit, seit 2019.
Impressum: Herausgegeben vom Verlag für Sinnfreie Publikationen. Chefredakteur: Dr. phil. Nihil Vakuum. Diese Ausgabe wurde auf nicht-existierendem Papier mit unsichtbarer Tinte gedruckt.